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Angler John Bailey kann nicht nur gut schreiben, er weiß auch worüber, denn seine großen Fänge sind genauso berühmt wie seine Bücher
Angler John Bailey, wir sind mitten im Herbst. Nach einer mehrwöchigen Trockenzeit führt der Wensum in Norfolk Niedrigwasser. Er ist klar und braucht unbedingt Regen. Mit jeder Windböe werden von den Uferbäumen Blätter in den Fluss geweht. Einige von ihnen bedecken die Wasseroberfläche, einige treiben im mittleren Wasser, doch die meisten streichen über den Grund. Eigenartigerweise hat sich der Regen für seine Rückkehr ausgerechnet diesen Morgen ausgesucht. Die Angelaussichten sind nicht gut, schon gar nicht auf Rotaugen.
Mit seinen zahlreichen Artikeln und Büchern gehört John Bailey, zusammen mit Chris Yates, zu den bekanntesten Angel-Autoren unserer Tage. Er kann nicht nur gut schreiben, er weiß auch worüber, denn seine großen Fänge sind genauso berühmt wie seine Bücher.
Doch der Regen schmälert John Baileys Enthusiasmus in keiner Weise, und so nimmt er das Wasser, das an seinem Nacken hinabläuft, kaum wahr. Dieser und ein weiterer Fluss Abschnitt des Wensum wurden von der Norfolk Anglers Conservation Association (NACA) gepachtet.
Diese Gruppe hat sich die Sanierung des Flusses und die Wiederherstellung der einst so hervorragenden Rotaugen-Bestände vorgenommen. John kann sich an Zeiten erinnern, als Zweipfünder etwas völlig Normales und die Schwärme so riesig waren, dass der bekannte Angler Ivan Marks, der oft hierher kam, im Spaß einmal äußerte, er könne diese Fische auch mit seinem Hut fangen.
Doch dann kamen die Wasserbauspezialisten, und der Wensum erlitt das Schicksal so vieler anderer Flüsse. Die Rotaugen konnten sich nicht mehr richtig fortpflanzen, und innerhalb weniger Jahre waren sie so gut wie ausgestorben. Übrig blieben nur Einzelgänger, alte und ausgewachsene Fische. Das ärgerte die hiesigen Angler so sehr, dass sie sich zum Handeln entschlossen.
Angler John Bailey angelt am Wehrbecken. Normalerweise sucht er die Rotaugen im ruhigen Wasser vor der Hauptströmung, doch dort schwimmen Blätter. Da der Fluss Niedrigwasser führt und sehr klar ist, haben sich die Fische ans Ende des Beckens verzogen.
9:30 Uhr Das alte Mühlbecken
Kein Wunder, dass John trotz der ungünstigen Wetter – und Wasserbedingungen so erpicht aufs Angeln ist: Er ist fest entschlossen, einige kleinere Rotaugen zu fangen, um so zu beweisen, dass der Anglerverband bei seinen Versuchen, diese Fischart wieder einzubürgern, Erfolg hatte. Auf diese Weise möchte John den Anglern vorführen, dass man durchaus etwas tun kann.
Angler John Bailey beginnt am alten Mühlbecken oberhalb des Wehrs. Er sucht sich eine freie Stelle im Schilf an der Stirnseite des Beckens aus; an dieser Angelstelle kann er zugleich die Hauptströmung und die langsameren Wasserbereiche am Rand und am Ende des Beckens befischen.
Trotz des trüben und regnerischen Wetters ist es ein idyllisches Plätzchen. Ringsherum Bäume, dazu das allgegenwärtige Rauschen des am Wehr hinabstürzenden Wassers – ein idealer Flecken, um abzuschalten.
John hat sein gesamtes Gerät in einer Rucksack-Klappstuhl-Kombination untergebracht. So kann er auf der Suche nach den Wensum-Rotaugen schnell und mühelos von einer Angelstelle zur nächsten wandern.
9:45 Uhr Mit dem „Loafer“
Angler John Bailey weicht etwas Brot auf, formt sich ein paar kleine Kügelchen und wirft sie mit sanftem Schwung in die Hauptströmung. Beim Absinken lösen sie sich auf und hinterlassen eine verführerische Spur. Spätestens wenn John sein Angelgerät zusammengestellt hat, müssten die Rotaugen so richtig Appetit bekommen haben.
Angler John Bailey montiert eine 3,46 m lange Avon-Rute und eine Stationärrolle, die er mit einer Schnur von 1,1 kg Tragkraft bestückt. Als Pose verwendet er eine birnenförmige, sehr tragfähige und durchsichtige hohle Plastikpose der Ausführung 2SSG . „Loafer“. Er montiert sie lediglich am unteren Ende und beschwert sie 12 cm vom Haken mit einem einzelnen SSG-Schrot – auf diese Weise bleibt der Brotkrumenköder unten in der Strömung.
Das SSG-Schrot, das auch als „Swan“ bekannt ist, wiegt 1,9 g. Indem John die Pose mit weniger Blei als erforderlich beschwert, kann er sie weit abtreiben lassen und dennoch gut im Auge behalten. So lässt er den Fangköder am Grund entlangzuckeln oder hält die Pose kurz an, damit der Köder sich hebt, ohne dass die Pose hinabgezogen wird.
Angler John Bailey verwendet einen geschmiedeten 12er Haken, den er direkt an die Hauptschnur knüpft. Den Widerhaken hat er etwas angedrückt, um den Fisch zu schonen. John montiert eine Rute mit Schwingspitze (Länge 3,3 m) und eine Stationärrolle, die er mit Schnur von 1,4 kg Tragkraft bestückt. Er knüpft einen geschmiedeten 10er Haken, wiederum mit angedrücktem Widerhaken, direkt an die Hauptschnur.
Dabei läuft ein Seitenarm mit SSG-Bleien oberhalb eines Schnurstoppers (Legerstop) an der Schnur entlang. Den Schnurstopper bringt er je nach Beißlaune der Fische 30-45 cm vom Haken entfernt an.
Die Pose ist ein gutes Stück am anderen Ufer entlanggetrieben und schießt plötzlich davon, als ein Döbel sich den Köder schnappt. Jetzt beginnt der Kampf!
10:00 Uhr Fischen im Regen
Angler John Bailey wirft noch etwas Brotmasse ins Wasser, nimmt dann seine Posenrute und beködert den Haken mit einem kleinen Stückchen Brotkrume. Er schlenzt die Pose in die Hauptströmung hinaus und lässt sie bis ans Ende des Beckens abtreiben. Da das Wasser dort flacher wird, bildet sich dort eine natürliche Sammelstelle für Nahrung aller Art. Er hält die Pose ein klein wenig auf, damit der Köder in dieses Futterbecken hineintreiben kann.
Die Pose hat das Ende des Beckens erreicht. Nichts. Mit einem kurzen Anschlag entfernt John die Brotkrume vom Haken und holt ein. Er stellt die Pose etwas tiefer ein, beködert neu und wirft noch einmal aus. Wieder hält Angler John Bailey die Pose am Ende des Beckens auf; er lässt sie zentimeterweise abtreiben, als wolle er den Köder einem Fisch direkt ins Maul treiben lassen.
Doch diesmal, kurz vor dem Ende des Beckens, passiert etwas: Die Pose zuckt einmal, zweimal und verschwindet langsam unter der Wasseroberfläche. John setzt mit blitzschnellem Anschlag den Haken, und schon strebt der noch unsichtbare Fisch entschlossen flussauf in Richtung Wasserfall.
Angler John Bailey bekommt ihn jedoch schon bald unter Kontrolle und dirigiert ihn zum Rand. Es ist ein kleiner Döbel. Keines der erhofften Rotaugen, aber nichtsdestoweniger ein schöner Fisch. Rasch und vorsichtig ködert er den Fisch ab und setzt ihn zurück.
Der Regen lässt nicht nach, ebenso wenig wie Johns Konzentration. Nun sucht er mit seiner Pose das ruhigere Wasser auf der anderen Seite des Beckens ab und verändert die Tiefeneinstellung, um erneut einen Biss zu bekommen. Ab und zu wirft er eine kleine Kugel Brotmasse ins Wasser.
Obwohl sich die vielen Blätter ärgerlicherweise immer wieder in der Schnur und am Haken verfangen, kann er noch einige kleine Döbel und einen Hasel von fast einem halben Pfund überlisten. Die Rotaugen bleiben jedoch vorerst aus.
Die Zitterspitzenrute (Quivertip) fängt die letzte Flucht eines kleinen, aber kampfstarken Döbels zur Stirnseite des Mühlbeckens hin ab.
11 :00 Uhr Das Wensum-Juwel
Angler John Bailey versucht es mit der Legerrute und der Bodenblei-Montage. Sofort beginnt die Zitterspitze zu zucken und zu zittern, offenbar interessiert sich ein Fisch für den Köder. Der Fisch zieht noch zweimal kräftig, und John schlägt an – wieder ein Döbel.
Ein weiterer Versuch mit der Posen Angel, und schon ist ein Rotauge gehakt. Das Rotauge wiegt zwar höchstens 100 g, aber es ist ein junger, sehr schön geformter Fisch, und nichts hätte Angler John Bailey glücklicher machen können. Mit frohem Lächeln löst er den Haken und setzt den Fisch liebevoll zurück.
Angler John Bailey versucht es noch einmal mit der Leger Montage. Nach langem Warten schlägt er auf einen äußerst zaghaften Biss an und spürt gleich das charakteristische Rucken eines guten Rotauges. Silbern blitzt es in dem klaren Wasser auf, und eine leuchtend rote Rückenflosse durchbricht die Wasseroberfläche – ein Wensum-Juwel.
Mit etwa einem Pfund Gewicht handelt es sich um ein sehr schönes Exemplar und, was besonders ermutigend ist, um einen jungen Fisch in hervorragender Verfassung.
Die Beißtätigkeit im Mühlbecken lässt etwas nach, und Angler John Bailey entschließt sich, ein Stückchen flussab zu wandern. Hier und da probiert er verschiedene Plätze aus und erwischt einen etwa 1 kg schweren Döbel, der unmittelbar vor dem gegenüberliegenden Ufer den Köder genommen hat. Da der Regen immer noch nicht aufhören will, ist der Lockruf des Pubs zu laut, um überhört zu werden.
Der Döbel wird behutsam in das ruhigere Wasser am Rand der Hauptströmung zurückgesetzt, damit er sich von dem ermüdenden Kampf erholen kann.
14:00 Uhr Letzter Versuch
Am Nachmittag hört es dann tatsächlich auf zu regnen, und John startet einen neuen Versuch im Mühlbecken und im Hauptfluss. Allerdings lassen sich keine Rotaugen mehr blicken. Der Erfolg vom Vormittag hat jedoch gezeigt (dreimal auf Holz geklopft!), dass die Rotaugen im Wensum wieder zahlreicher werden.
John Baileys Posen- und Legermontagen
Angler John Bailey hat seine Grundmontage mit einem verstellbaren, gleitenden Seitenarm mit SSG-Schroten versehen. Auch seine Posen Montage ist nicht kompliziert. Dadurch, dass er weniger Blei als erforderlich an der Schnur befestigt hat, kann er die Pose auch auf weite Entfernungen gut sehen.
Mit der abgebildeten Montage kann er auch die Tiefe auf einfache Weise verändern: „Das hat schon gut funktioniert, als ich noch ein Junge war.“
Nein danke!
Angler John Bailey lehnt die Verwendung von Setzkeschern für Rotaugen grundsätzlich ab – auch für die anderen Fischarten. Ein Fisch, der Schuppen verliert und dessen Flossen zerrissen sind, büßt viel von seiner Schönheit ein und wächst nicht so gut ab. Beides kann jedoch bei Verwendung eines Setzkeschers passieren. Es sei besser, so John Bailey, den Fisch gar nicht lange in der Hand zu behalten und ihn sofort zurückzusetzen.
Angler John Bailey bei der Landung eines knapp einpfündigen Rotauges.
Ein junger, unmarkierter Fisch: Er hat schon die typische, bullige „Schulterpartie“ der Wensum-Rotaugen, ein richtiger Miniatur-Dreipfünder!
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