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Angler Andy Little zählt zu den bekanntesten modernen Karpfenfischern, die in Mitteleuropa zur Verbreitung der Boilie-Angelei beigetragen haben
Karpfenfischer sind von ihrem Hobby geradezu besessen, so kommt es, dass Angler Andy Little an einem eisigen Novembermorgen in aller Frühe fröhlich an einem Baggersee sitzt. Heute ignoriert Andy seinen eigenen Ratschlag: „Da der Karpfen im Winter keinen Appetit hat, sollte man sich an die Angelwasser halten, die man kennt.“ Doch wegen der Kälte ist die Karpfenfischerei an seinen Lieblingsrevieren zum Erliegen gekommen; also schaute er sich nach einem neuen Wasser um. Seine Wahl fiel auf den Rocla Lake bei Milton Keynes, der von den „Linear Fisheries“ betreut wird und für seine hungrigen Winterkarpfen bekannt ist.
Angler Andy Little ist nicht nur ein berühmter Karpfenangler, sondern auch ein bekannter Angelautor. Ständig hat er neue Ideen, die er natürlich alle selbst ausprobiert. Andy hat in England schon mehr kapitale Karpfen gefangen als jeder andere Angler.
6:50 Uhr Es ist kalt und dunkel
Bei unserem Gang zum Ufer sehen wir im Morgengrauen schemenhaft eine kleine Insel im See. Sie gefällt Andy: „Ich schätze, dass wir dort auf Karpfen stoßen werden.“ Man hatte ihm jedoch geraten, etwas weiterzugehen und an einer Stelle zu fischen, die in letzter Zeit regelmäßig gute Karpfen gebracht hatte – trotz des Frostes. Als Andy seine Geräte montiert, gibt er uns einen Ratschlag, den nicht nur Anfänger, sondern auch erfahrene Angler beherzigen sollten: „Geht nach Hause, wenn das Wetter hundsmiserabel ist!
Man friert, hat keinen Erfolg und ärgert sich nur. Dadurch vergeht einem wochenlang die Lust aufs Fischen.“ Wir ahnen schon, dass er diesen Ratschlag ignorieren wird – viel ungemütlicher kann ein Novembermorgen nämlich gar nicht sein. Doch Andy scheint die Kälte überhaupt nichts auszumachen.
Zusammenbau des Geräts an einem klirrend kalten Morgen. Andy hat seine Ruten und Rigs schon zu Hause vorbereitet. So spart er Angelzeit. Außerdem findet er es angenehmer, seine Knoten in der warmen Stube zu binden.
7:00 Uhr Aufmontieren
Andy hat einen Tipp bekommen, wonach die Karpfen etwa 70 m weit draußen stehen. Seine Sachen sind schnell montiert.
Das Gerät; Andy geht mit seinen Ruten sehr geschickt um – kein Wunder, er hat sie nämlich selbst konstruiert! Er benutzt zwei Andy Little-Karpfenruten von DAM mit einer Testkurve von je 21/4 Ib.
Angler Andy Little war früher Ingenieur und weiß genau, auf welche Konstruktionsmerkmale und welches Material es ankommt. Er verwendet eine Schnur mit 3,6 kg Tragkraft sowie akustische und optische Optonic-Bissanzeiger.
Er entscheidet sich für ein Helikopter-Rig, bei dem ein Miniwirbel von einem Posen Gummi gestoppt wird. Mit dieser Montage kommt es selten zu Verwicklungen, und Andy verwendet sie oft. Er benutzt ein Vorfach mit 3,2 kg Tragkraft und ein Haar-Rig, das er mit Zahnseide an einen 10er Haken knüpft. Wir fragen uns, wie man solch ein kompliziertes Rig in der Dunkelheit mit klammen Fingern zusammenmontieren kann – immerhin ist es so kalt, dass wir uns nicht einmal Notizen machen können!
Aber Angler Andy Little ist genauso schlau wie seine Karpfen: „Mit klammen Fingern ein Rig zusammenzubasteln, ist keine reine Freude. Deshalb baue ich meine Ruten zu Hause zusammen und nehme die Rigs fertig montiert in Plastikhüllen verpackt ans Wasser mit. So kann es schon nach 10 bis 15 Minuten losgehen.
Angler Andy Little holt ein, um einen Köderwechsel zu probieren. An dieser Stelle wurden schon oft Karpfen gefangen – bis heute jedenfalls. Andy fischt etwa 70 m weit draußen.
7:10 Uhr Fruchtige Köder
Andy wirft Lock Boilies mit einem Cobra-Wurfstock ein. Auf diese Weise kann er die Boilies zielgenauer als mit einem Katapult bis zu 90 m weit auswerfen.
Als er seine Köder in die Morgendämmerung geworfen hat, macht er es sich neben seinen Ruten bequem. Er hat verschiedene Boilie-Arten dabei: 18 mm in der Geschmacksrichtung „Erdbeerjoghurt“ und „Kiwi“, 14 mm Erdnuss“ und einige Midi-Boilies mit Käsearoma.
Süßliche Köderaromen verteilen sich bei kaltem Wetter schneller im Wasser – mit Traubenzucker angereicherte Aromastoffe werden über weite Strecken transportiert. Rechnerisch ergeben die süßen Partikel im Wasser die fünffache Menge eines eher deftigen Futters. Fleischköder und Katzenfutter kann man hier im Sommer bestimmt gut einsetzen, aber im Winter bringen diese Köder nicht so viel.
Jede Menge Boilies: 18 mm „Erdbeerjoghurt“ und “ Kiwi“, 14 mm „Erdnuss“ und Midi- Boilies mit Käsearoma. Angler Andy Little benutzt auch Pop-up-Mikroköder, die er in einen süßen Aromaverstärker getaucht hat. Manche Angler probieren jede Geschmacksrichtung selbst!
7:40 Uhr Ein fisch loser Morgen
Die Sonne geht auf und taucht die Landschaft um uns herum in ein herrliches Orange, aber die Kälte sitzt allen außer Andy mittlerweile doch in den Knochen. Angler Andy Little konzentriert sich ganz aufs Fischen. Seine Erfahrung sagt ihm, dass die linke Angel auf schlammigem Grund und die rechte auf festem Grund liegt. An beiden Angeln tut sich rein gar nichts; doch Andy ist voller Zuversicht, dass er trotz der Kälte noch Fische fangen wird.
Karpfen mögen keine krassen Temperaturschwankungen, aber rein gefühlsmäßig würde ich sagen, dass sie eher nach einem Temperaturrückgang als nach einem Temperaturanstieg hungrig werden. Ich habe noch nie erlebt, dass Karpfen überhaupt keine Nahrung aufnehmen, sagt Angler Andy Little.
Dies ist ein feines Angelwasser. Im Sommer hätten wir jetzt schon Fische gefangen, aber im Winter bekommen wir unter Umständen an einem ganzen Tag nur einen Biss. Wir konzentrieren uns noch stärker auf die Bissanzeiger. Da der Karpfen im Winter weniger Nahrung aufnimmt, geht Angler Andy Little mit Anfüttermaterial sparsam um. Er befestigt eine kurze Reihe von Boilies mit einem wasserlöslichen PVA-Faden an seinem Haken. So kommt das Lockfutter direkt neben dem Hakenköder zum Liegen.
Auf einem wasserlöslichen PVA-Faden aufgefädelte Boilies (hier die Geschmackrichtung „Kiwi“) sind ein wirkungsvoller Lockköder. Nach dem Auswerfen löst sich der Faden auf, und die Boilies bleiben direkt beim Haken liegen.
9:00 Uhr Zeit für einen Plausch
Der Leiter der „Linear Fisheries“, Len Gurd, gesellt sich ein Weilchen zu uns. Er macht uns Mut, indem er von den vielen Karpfen erzählt, die hier im Winter schon gefangen wurden. Angler Andy Little, was war dein schönstes Angelerlebnis? Meine beiden Söhne sind jetzt fünf und sieben Jahre alt. Als einer der beiden vor kurzem gleich zwei Zwanzigpfünder landete, habe ich mich gefreut wie ein Schneekönig, mehr als über jeden meiner eigenen Fische!
Angler Andy Little ist nicht sehr glücklich über den gegenwärtigen Trend im Karpfenfischen, bei dem allein die Größe zählt. Manche Angler heutzutage rümpfen über kleinere Karpfen die Nase, aber vor Beginn der Boilie-Ära bedeutete jeder Karpfen noch einen Triumph.
Karpfenmontage
Links; Andys Helikopter-Rig besteht aus einer Miniwirbel-Perle vom Typ „Kevin Nash“, die von Posengummis gestoppt wird. Mit diesem Rig gibt es kaum Verwicklungen.
Rechts; Wenn der Karpfen den Köder am Haar-Rig ausspuckt, fasst der Haken im richtigen Winkel, so dass der Fisch mit hoher Sicherheit gefangen werden kann.
13:00 Ein Stellungswechsel
Der Morgen ist ohne einen richtigen Biss vorbeigegangen, und Andy hat mittlerweile jeden Köder und fast jeden Trick ausprobiert. Er beschließt, seinem Instinkt zu folgen und in der Nähe der kleinen Insel zu fischen, die wir im ersten Tageslicht ausgemacht hatten.
Es ist kaum zu glauben, aber an der neuen Stelle ist es noch kälter. Angler Andy Little montiert leichteres Geschirr mit einem 8er Haken. Er will die Köder etwa 80 m weit auswerfen und in einer Tiefe von 2 mangeln.
Das Wetter schlägt um; es wird dunkler und windiger. Bei allen Beteiligten außer Angler Andy Little, der immer noch optimistisch ist, macht sich Mutlosigkeit breit. Jetzt ein warmes Essen und ein Feuer! Wir kneifen schließlich und versprechen Andy, dass wir ihm aus irgendeiner gemütlichen Kneipe eine Portion „Fish and Chips“ mitbringen werden.
Tipp
Angler Andy Little bewahrt verschiedene Rigs in Plastikhüllen (Rig-wallets) auf. Er befestigt sie mit einem Wirbel. So kommt es im Kasten nicht zu Verwicklungen.
14:15 Der Fisch
Also gut, wir haben ihn verpasst. Es gibt keine Fotos von Andys Kampf mit dem Karpfen, weil wir da noch in der Kneipe waren. Ein Karpfen hatte Andys Erdbeerjoghurt-Boilie genommen und war auf die Schilfzone an der Insel zu geschwommen. Andy drillte den Fisch sieben bis acht Minuten und konnte ihn schließlich landen. Als wir zurückkommen, legt Angler Andy Little den Fisch gerade auf eine selbst konstruierte aufblasbare Fischmatte (Unhooking mat).
Bevor er einen Winterkarpfen anfasst, taucht er die Hände immer ins Wasser: Im Winter sind die Hände viel wärmer als der Fisch; deshalb sollte man sie erst im Wasser abkühlen. Es ist besser, sich selbst diese kleine Unannehmlichkeit zuzumuten als dem Fisch. Der Karpfen wiegt 3,5 kg; er ist in sehr gutem Zustand und wird behutsam wieder zurückgesetzt. Offenbar unbeeindruckt von seinem Abenteuer schwimmt er davon.
Die Boilie-Befestigung (Links)
Der erfinderische Angler Andy Little macht aus gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen vielseitiges Angelzubehör. Eine Häkelnadel eignet sich bestens, um Boilies auf ein Haar-Rig zu fädeln – hier mit Zahnseide.
Boilie-Befestigung (Rechts)
Die Seide wird um das abgeschnittene Stück eines Gefrierbeutelverschlusses gewunden. So hält ,der Boilie beim Auswerfen.
14:30 Uhr Der Ausbrecher
Beim nächsten Wurf schlägt Angler Andy Little noch einmal zu. Doch diesmal flüchtet der Karpfen unaufhaltsam ins Schilf, wo er schließlich abkommt – auch Andy landet nicht jeden Fisch. Aber er ist froh, dass er wenigstens zwei Bisse gehabt hat.
Als es wenig später dunkel zu werden beginnt und der Frost wieder an uns hochkriecht, sind wir froh, dass das warme Auto auf uns wartet. Bei dieser Kälte einen Karpfen zu fangen, das ist schon eine bemerkenswerte Leistung. Es war ein ganz faszinierender Tag, an dem wir so manches Geheimnis aus der Welt der Karpfenangler erfuhren. Sicherlich, das Winterangeln auf Karpfen geht nicht ohne großen technischen Aufwand. Aber den Erfolg verdankt Angler Andy Little letztendlich seinem Instinkt, mit dem er den Fisch gefunden hat.
Zum Fischen an der Insel verwendet Angler Andy Little eine einfachere Grundmontage, um Hänger im Schilf zu vermeiden. Dieses Rig besteht aus einem 56-g-Blei und einem Haar-Rig.
Was man am Roca Lake angeln kann
Rocla Lake ist ein relativ großer Baggersee (14 ha) und sehr gut besetzt. Seit 1986 wurden mehr als 2500 Karpfen eingesetzt. Es gibt hier auch Rotaugen, Brassen, Barsche, Schleien und Hechte über 13 kg. Er ist 2,40 m tief und im Sommer sehr ergiebig. In den vergangenen Jahren wurden dort Specimen-Brassen von knapp 3,6 kg, Schleien bis 3,1 kg, Rotaugen bis 1,2 kg und Karpfen bis 8,1 kg gefangen .
Volltreffer! Angler Andy Little landet nach einem aufregenden Kampf diesen Karpfen, der entschlossen auf die Schilfbank zu schwamm. Bevor Andy im Winter einen Fisch anfasst, taucht er die Hände ins Wasser, um sie abzukühlen.
Tipps für das Winterfischen
Andys Ratschläge:
Die Schnurlaufringe mit Glyzerin bestreichen, dann friert die Schnur nicht ständig an ihnen fest.
Nicht zu viel anfüttern: Karpfen fressen im Winter wenig – wenn sie zu viele Lockköder fressen, wollen sie den Hakenköder womöglich nicht mehr.
Keine Experimente: Bei bewährten Ködern bleiben und nur an bekannten Gewässern angeln.
Andys zweite Angelstelle liegt vor einer Insel. Sein Gefühl sagt ihm, dass hier die Karpfen am Fressen sind. Durch die Wolken und die Kälte lässt er sich beim Fischen nicht stören.
Gefahren
Der Einsatz neuer Karpfen in bestehende Karpfenwasser kann katastrophale Folgen haben. Bei dem englischen Ort Farnham besetzte man ein Gewässer erstmals 1951 mit Karpfen. 40 Jahre später wurden weitere Karpfen eingesetzt. Einige dieser Fische waren von einem Parasiten befallen, dem der Urbesatz zum Opfer fiel.
Ein Winterbrocken
Andys Karpfen war mit seinen 3,5 kg kein schlechter Fisch, aber Andy hat im Winter auch schon Specimen-Exemplare von über 13 kg gefangen. Es ist keineswegs unmöglich, solche Fische in der kalten Jahreszeit zu fangen, auch wenn dieser Karpfen aus einem Privatwasser stammt. Noch vor einigen Jahren war man der Ansicht, dass es zu schwierig sei, im Winter Karpfen zu fangen. Nachdem Boilies als Karpfenköder ins Spiel kamen und ganzjährig mit ihnen gefischt wurde, haben sich die Karpfen an Wintermahlzeiten gewöhnt und werden jetzt regelmäßig im Winter gefangen.
Weitere Meister-Angler
- Angler John Wilson am Wensum in England bei New Costessey
- Angler Mark Pollard, Matchangler des Jahres 1987/88
- Angler Neville Fickling auf Kiesgruben-Hechte
- Angler Ted Entwistle vor der Isle of Wight
- Angler Alan McAtee am Chorlton Water Park.
- Angler Mark Downes beim Angeln am Grand Union Canal
- Angler John Watson beim Winterangeln am Wensum
- Angler Dewi Evans beim Äschen angeln am Bala Lake
- Angler Carsten Wagner zeigt erfolgreiches Trolling-Fischen