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Nach Ansicht von Ex-Weltmeister aus Wales Angler Clive Branson muss ein echter Waliser Matchangler jederzeit reisebereit sein
Wir treffen Angler Clive Branson Mitte Januar am Belmont – Abschnitt des Wye mitten in Hereford. Es ist ein klarer, trockenkalter Morgen, und der Boden ist noch hartgefroren vom Nachtfrost.
Angler Clive Branson am River Wye
An den meisten Gewässern laufen solche Bedingungen meist auf ein Desaster hinaus, doch Clive ist optimistisch. „Das ist das Schöne am Wye – die Rotaugen gehen auch noch auf Futtersuche, wenn das Wasser gefriert.“ (Und das tut es heute.) Blickt man in das tiefe, eisig grüne Wasser zu Clives Füßen, möchte man seinen Optimismus nicht unbedingt teilen.
Angler Clive Branson ist Mitglied der Nationalmannschaft von Wales und Teamchef der „Cardiff Nomads“ Matchgruppe. 1987 Einzelweltmeister und 1989 Weltmeister mit der Mannschaft. 1985 gewann er 22 offene Wettkämpfe in Wales – viele davon am River Wye, und auch 1986 stand er bei der Welsh Native National – Meisterschaft am River Dee auf dem Siegertreppchen.
10:15 Uhr Schwere Bleie?
Von der Quelle in den Bergen von Cambria bis hinunter zum Mündungsgebiet des Severn. Bleibt der Wye von Wasserverschmutzung weitgehend verschont. Neben den üblichen Fischen schätzt auch der Lachs das klare Wasser dieses Flusses. In jeder Saison ist das Angeln mit beispielsweise Maden bis Ende September verboten. So werden die Lachseltern vor derartigen Ködern geschützt, und gleichzeitig wird die Lachsangelei erhalten.
Diese Beschränkung wirkt sich auch auf die übrige Angelei aus. Wenn es nämlich Herbst wird und die Hasel, Rotaugen, Döbel und Lauben doch noch Maden zu Gesicht bekommen, drehen sie buchstäblich durch und fressen anscheinend völlig ausgehungert drauflos. Bedenkt man, welch riesige Fischschwärme sich im Wye aufhalten. Kann man gut verstehen, weshalb es immer wieder Fänge von weit über 30 kg gibt.
In den letzten beiden Tagen ist der Wasserstand um etwa 1,5 m gefallen, und der Fluss sieht gut aus. Diese Stelle liegt direkt unterhalb eines Einflusses und könnte für einen Turniersieg gut sein.
10:45 Uhr Einen Schritt voraus
Nachdem er sich mit einem (eigens zu diesem Zweck mitgeführten) Spaten eine sichere „Plattform“ in den Lehmboden gegraben hat, wird es für Angler Clive Branson ernst. Er beginnt mit der Beschreibung seines Angelgeräts. „Ich versuche immer, einen Schritt voraus Zusein.
Die hier habe ich bei einer UFO-Zeitschrift bestellt“, sagt Clive, dreht sich plötzlich zu uns um und schaut uns aus einer seltsam dicken Brille an. „Das ist eine Fernglas Brille“. Dabei dreht er begeistert an einem Rädchen, mit dem sich die Linsen ein- und ausfahren lassen. „Die ist prima zum Distanzfischen mit Pose.“ Das Schlimme ist: Angler Clive Branson ist eine solche Frohnatur, dass man nie so recht weiß, ob er es nun ernst meint oder nur Spaß macht.
Die Wye-Rotaugen sind wahre Prachtexemplare, für ihre Schönheit und Gesundheit weithin berühmt. An diesem Tag sollte Clive nicht weniger als 13 kg davon fangen, obwohl er es eigentlich auf Hasel abgesehen hatte.
11:00 Uhr Wahl der Methode
Angler Clive Branson fährt mehrgleisig und montiert nicht weniger als fünf verschiedene Rigs. Eine Stickpose mit durchlaufender Schnur, zwei Stippruten-Montagen, ein Lauben-Rig und ein Swimfeeder-Rig. Es geht im Prinzip darum. Einige Methoden auszuprobieren und dann zu sehen, welches die besten Ergebnisse zeigt – das eine oder andere Rig wird vielleicht gar nicht angerührt.
Angler Clive Branson glaubt nicht so recht, dass die Lauben reagieren werden, weil das Wasser so klar ist. Was er uns eigentlich vorführen möchte, ist seine Haselfangmethode – das Zurückhalten der Pose mit einem schweren Stippangel-Rig -, doch beginnen möchte er mit einem geschlossenen Swimfeeder. Diese Taktik setzt er quasi zur Diagnose ein. Um festzustellen, welche Fischarten gerade auf Futtersuche sind und an welcher Stelle des Angelbereichs sie sich momentan aufhalten.
Bei Angler Clive Branson mangelt es nie an Angelgerät. Er kommt aus Überzeugung immer gut vorbereitet ans Wasser und hat für jede Situation die richtigen Schnüre, Haken, Schrote und Vorfachwickler dabei.
11:30 Angler Clive Branson immer am Ball
Ein Swimfeeder voller bronzefarbener Maden landet ungefähr 10 m vom Ufer und etwas stromab im Wasser. Angler Clive Branson stellt die Rute in die Halterung und wartet auf einen Biss. Da kommt Leben in die Zitterspitzenrute. Angler Clive Branson schlägt an und kurbelt ein Rotauge von knapp 150 g heran. Nicht gerade groß für einen Fluss, aus dem regelmäßig Zweipfünder gefangen werden.
Er ködert neu an und wirft noch ein bisschen weiter flussab. „Das Geheimnis besteht darin, dass man nicht einfach dasitzt, sondern immer am Ball bleibt“, meint Clive. „Der Köder darf nicht länger als zwei Minuten oder so unten bleiben – man muss ständig andere Stellen in ein und derselben Posen Bahn ausprobieren“.
Er holt den Swimfeeder ein und wirft ihn – ohne Futter in den Feeder zu packen – etwa 10 m unterhalb ins Wasser ein. Indem er einen leeren Swimfeeder benutzt. Kann er feststellen, ob sich ein gutes Stück weiter unten Rotaugen aufhalten, ohne sie gleich noch weiter flussab zu locken. Ein kurzes Zucken der Spitze, und Clive schlägt an – einen Tick zu spät. Es wird Zeit, etwas anderes zu probieren.
Clives Rig
Das schwere Stippangel-Rig ist so aufgebaut. Dass Clive die Pose zurückhalten und so den Köder abbremsen kann, ohne dass die Pose sich dabei aus dem Wasser hebt. Er lässt die Stickpose mit Strömungsgeschwindigkeit durch den Angelbereich laufen. Nach einigen sehr zaghaften Bissen musste die Pose bis zur Obergrenze bebleit werden.
12:00 Uhr Ganz runter
An diesem tiefen, kraftvoll fließenden Fluss. Ist es nicht immer einfach, den Hakenköder und das Futter an dieselbe Stelle zu bekommen. Sinkt das lose Futter nicht schon am Anfang des Angelbereichs ab. Erreicht es den Grund erst nach 20 Metern oder mehr – in einem Match landet es dann womöglich an der Angelstelle eines Gegners! Um den Köder rasch zum Grund zu befördern, eignet sich ein „Bait Dropper“ ausgezeichnet. Eine Art Köderbüchse, die man auf den Angelgrund senkt und die dort Lockfutter (Maden) freisetzt.
Angler Clive Branson verwendet die Stipprute, um drei mit bronzefarbenen Maden gefüllte Bait Dropper 10 m vom Ufer und 4 m flussauf auszulegen. So bildet sich am oberen Ende des Angelbereichs, wo er sich den Erfolg erhofft, ein Futterteppich. Dann stellt er eine schwere Mischung aus weißen und braunen Semmelbröseln her und mischt ein paar Handvoll Maden lose darunter.
Er lässt die Stickpose mit der schwarzen Antennenspitze am Grenzbereich zwischen dem langsam und etwas schneller fließenden Wasser abtreiben. An dieser Stelle ist es wohl 3,7 m tief. Die Pose treibt ungefähr 15 m weit ab und taucht plötzlich ab. Es folgt ein blitzschneller Anschlag, die eingespließte Rutenspitze macht eine tiefe Verbeugung und rüttelt gelegentlich, als der Fisch gegen die Strömung gezogen wird.
Angler Clive Branson führt den Fisch ein wenig oberhalb des Unterfangkeschers und lässt ihn einfach ein wenig zurücktreiben, um ihn dann mit Hilfe der Strömung elegant in den Kescher gleiten zu lassen. Dieser Fisch ist schon besser! Ein maßgeschneidertes Rotauge mit leuchtendroten Flossen und einem Gewicht von bestimmt nicht unter einem Pfund.
Für das Angeln auf weichmäulige Fische wie Rotaugen empfiehlt Angler Clive Branson die Verwendung einer Rute mit weicher Spitze, damit der Haken beim Einholen des Fisches nicht ausreißt.
12:35 Uhr Zurückhalten
Angler Clive Branson füttert alle drei bis vier Minuten ein Mandarinen großes Grundköderbällchen an und hofft, auf diese Weise die Fische in den Angelbereich locken zu können. Er möchte nun das schwere Stippangel-Rig einsetzen, um den Bereich direkt vor seinem Standplatz auszukundschaften.
Er lässt das Rig etwa 4 m oberhalb ins Wasser und dann die Pose abtreiben, bis sie mit ihm ungefähr auf einer Höhe ist. Die orangefarbene Posen Spitze sinkt tiefer und tiefer ab, bis sie schließlich ganz verschwunden ist – der Grund liegt darin, dass die Pose überbebleit ist.
Angler Clive Branson hält die Pose zurück, bis die Posen Spitze wieder auftaucht, und führt sie direkt vor sich zentimeterweise weiter. (Eine leichtere, normal bebleite Pose würde sich dabei aus dem Wasser heben).
Er wirft erneut ein und wiederholt diesen Ablauf. Hin und wieder, wenn der Haken am Grund hängenbleibt, taucht die Posen Spitze kurz ab. Manchmal zieht Clive sie behutsam wieder nach oben, gelegentlich schlägt er versehentlich an – es sieht so aus, als könnten Bisse bei dieser Methode nur schwer erkannt werden. Doch als schließlich ein Fisch zur Made hinaufschwimmt und mit der Made im Maul mit einem kurzen Schwanzschlag davonschwimmt, gibt es keinen Zweifel mehr. „An dieser Stelle wird sieben Tage die Woche geangelt, doch die Fische sind in einem tadellosen Zustand“, sagt Clive und zeigt das pfündige Rotauge vor: „Sieh mal: keine Hakenspuren. Ich möchte zu gerne wissen, wie viele davon es hier gibt.“
Trotz ständigen Anfütterns gelang es Angler Clive Branson nicht, die Rotaugen näher heranzulocken – dafür war das Wasser zu klar -, doch er hat den ganzen Tag lang gefangen.
13:00 Hat Angler Clive Branson den Röntgenblick
Heute ist einer jener Tage, an denen man leicht das Fanggewicht im Netz unterschätzt. Doch Clive hat sich immer noch nicht auf eine bestimmte Fangmethode festgelegt – er arbeitet mittlerweile wieder mit der Stickpose und füttert nun häufiger an, etwa ein Bällchen bei jedem zweiten Wurf. Die Rotaugen dort draußen sollen näher herankommen.
Die Pose läuft mit der Geschwindigkeit der Strömung vorbei – die schwarze Antenne hebt sich deutlich gegen die stahlblauen Spiegelungen des Januarhimmels ab. Gerade als die Pose sich Richtung Flussmündung aufzumachen scheint, schlägt Clive an – einfach so, könnte man meinen -, und schon kommt Leben in die Rutenspitze. Wieder wird ein pfündiges Rotauge über den Unterfangkescher geführt. Doch warum nur hat Clive angeschlagen, als gar nichts Ungewöhnliches zu sehen war? Hat er etwa einen Röntgenblick?
13:30 Was ist da los?
Er ködert neu an, wirft aus und läßt die Pose stromab tanzen. Diesmal läßt sich das Geheimnis durch zusätzliche Konzentration lüften. Als die Pose wieder an dieselbe Stelle gelangt, taucht sie beinahe unmerklich ein wenig unter – droht ganz abzutauchen, was dann allerdings nicht passiert. Es könnte gut sein, dass in 3,7 m Tiefe ein geschickter Fisch den Köder ins Maul genommen hat, jedoch nicht mit ihm davonschwimmt.
Ein schneller Anschlag bestätigt diese Theorie, und nach einer Minute vorsichtigen Drills hat Clive den Fisch in der Hand. Es ist – man ahnt es schon – ein weiteres, makelloses Rotauge von einem Pfund Gewicht. Daran kann man sehen, dass die Pose den Biss nicht unbedingt durch Abtauchen anzeigen muss.
Über 13 kg Rotaugen haben sich in Clives Setzkescher gesammelt. An der oberhalb gelegenen Angelstelle – am Ausfluß – fing auch Clives Freund mit der Stickpose reichlich Rotaugen.
14:00 Uhr Tag der Rotaugen
Mit dem Angeln ist es schon seltsam – manche Tage verlaufen ganz anders, als man sich das vorstellt. Clive Branson hatte es auf Hasel abgesehen, bekommen hat er Rotaugen.
Lachend keschert er schon wieder ein Rotauge. „Das könnten heute gut und gerne 13 kg werden“, meint er nach kurzem Überlegen. Da hatte er nicht unrecht. Trotz des eiskalten Wassers waren die Fische nicht zu bremsen, und angesichts des sonnenbeschienenen Tals des River Wye gibt es wohl keine angenehmere Art, den Nachmittag zu verbringen.
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